Rezension
Die Bandversion mit zwei Keyboardern (Pigpen und Keith Godshaw), aber nur einem Drummer (Mickey Hart pausierte bis 1975) währte nur wenige Monate; Ron „Pigpen“ McKernan mußte bekanntlich im Juni 1972 gesundheitsbedingt endgültig aussteigen und starb im folgenden März. In dieser Zeit allerdings spielten die Dead einige großartige Shows, und die vom 10. Dezember gilt in Deadhead-Kreisen als eine der besten der Bandgeschichte. Bei vielen, auch einigen der besten Shows, dauert es ein paar Songs, bis die Band vollkommen im Flow ist – hier spürt man ihn von den ersten Takten von „Bertha“ an, und von da an wird es immer nur besser. Der erst vor zehn Tagen wieder an Bord gekommene Ur-Keyboarder übernimmt auf vier Songs den Leadgesang, darunter ein über 20minütiges „Good Lovin'“ und ein herrliches „Run Rudolph Run“ als rock’n’rollende Konzession an die Jahreszeit. Spektakulär gut ist der psychedelische Improvisationsteil – die Band scheint in „The Other One“ vollkommen zu versinken, und mittendrin schält sich dann plötzlich „Sitting On Top Of The World“ heraus, wie eine versunkene Stadt aus dem Meer, die nur für einige Minuten an der Oberfläche bleiben kann. Den Beat des anschließend einsetzenden „Not Fade Away“ als infektiös zu bezeichnen, wäre eine unverschämte Untertreibung. Oh, es gäbe noch eine Menge großer Momente aufzuzählen an dieser Show: „Loser“, „Sugaree“, „Brokedown Palace“, „Deal“ oder „Sugar Magnolia“ sind nur einige. Wer der Band einmal verfallen ist, will ja sowieso jede Show haben – diese hier freilich sollten auch Gelegenheits-Fans (gibt es die?) unbedingt in Erwägung ziehen. (2021)