Es führt bekanntlich nicht immer zu Verbesserungen, wenn sich ein Künstler noch einmal eines früheren Großwerkes annimmt. Hier indes schon. Mit “Tigerlily”, ihrem selbstproduzierten Solo-Debüt, gelang der 10.000 Maniacs-Sängerin 1994 nicht nur ein absoluter Überraschungserfolg (fünffach Platin!) gegen alle Regeln des Musik-Biz’, sondern schlicht eines der besten Singer/Songwriter-Alben überhaupt. Doch ist dessen Schöpferin in den letzten zwanzig Jahren beträchtlich gereift – und die Songs sind es mit ihr. Nicht nur die Reihenfolge hat sie für diese Neufassung umgestellt, die Arrangements, auch die Tempi haben sich teils radikal verändert. Nicht, daß das Original Rock’n’Roll gewesen wäre, aber die überarbeiteten Versionen klingen doch ungleich subtiler, sind geprägt von sparsam gesetzten Streichern und Kontrabass. Wer da nun Prätention befürchtet, könnte freilich kaum falscher liegen: Im Gegenteil, die Songs fühlen sich natürlicher denn je an. Und Merchants Stimme hat in den vergangenen Jahrzehnten zwar nichts von ihrem zauberhaften Charme verloren, dafür aber an Autorität und Ausstrahlung reichlich gewonnen. Es ist nicht so, daß das Original damit obsolet wäre – aber diese Neufassung ist mindestens ebenso essentiell. Und sollte Merchant in weiteren 20 Jahren, dann über 70, noch einmal bei ihrem Solodebüt Station machen, wird es sich ganz gewiß wieder lohnen, genau zuzuhören… (2015)