Johann Sebastian Bach

Sonate Nr. 3 für Violine solo BWV 1005

Weitere Werke:  Eugène Ysaÿe: Sonaten Nr. 3 & 4 für Violine solo, op. 27
Weitere Interpreten:  Michael Rabin, Violine
Label/AN:  Testament / Angel, ANGEL35305
Format:  LP 180g, mono

 35.00 inkl. MwSt.

Verfügbar : Lieferbar innerhalb von 5-10 Werktagen, soweit verfügbar beim Lieferanten

Rezension

Man hat vielleicht nie wieder einen 19jährigen so Bach spielen hören. Sicher, Michael Rabin scherte sich nicht um eine historisch korrekte Interpretation (wir schreiben das Jahr 1955), aber die Kombination aus emotionaler Hingabe, technischer Perfektion und – nicht zuletzt – Phantasie ist einzigartig. Und doch ist die leider einzige Bach-Aufnahme in seiner kurzen Diskographie nicht der Grund, dieses Album besitzen zu müssen. Der findet sich auf der anderen Seite dieser raren LP (damals nur in den USA veröffentlicht). Eugène Ysaÿes sechs Sonaten für Violine solo sind mehr als das Pendant der Spätromantik oder frühen Moderne zu Bachs bis dahin einzigartigem Zyklus, man kann sie als das Neue Testament der Violinliteratur verstehen. Sie sind die womöglich immer noch schwierigsten Werke der Violinliteratur, beinhalten alle nur erdenklichen technischen Probleme auf dem Instrument – und geben (anders als etwa die Paganini-Capriccen) dem Spieler doch wenig Gelegenheit zur Selbstdarstellung. Der Belgier, einer der größten Violinisten seiner Zeit, verabscheute reines Virtuosentum: Ein Meister der Violine, so formulierte er es selbst, müsse ein Geiger, ein Denker, ein Dichter, ein Mensch sein, müsse Hoffnung, Leidenschaft und Verzweiflung erfahren haben. Noch einmal: Der Mensch, den wir hier hören, ist noch keine 20. Eigentlich unmöglich, daß er dem Ideal des Komponisten entsprechen könne. Und doch! Die Art, wie Rabin diese beiden Sonaten gestaltet, ist geradezu rauschhaft. Schnell vergißt man, daß dies nur eine einzelne Violine ist: Die Musik wirkt beinahe symphonisch. Woher dieser junge Mann dieses unglaubliche Einfühlungsvermögen hatte, bleibt das Geheimnis der Götter. Die aberwitzige technische Kontrolle seines Spiels wäre aufsehenerregend genug, aber sein musikalisches Verständnis (es zeigte sich bereits drei Jahre zuvor, bei seinem Debüt mit elf der 24 Paganini-Capriccen) ist noch erstaunlicher. Eine violinistische Sternstunde – in Europa bis heute so gut wie unbekannt und erst im CD-Zeitalter im Rahmen eines Complete Recordings-Sets veröffentlicht. Auf Vinyl ist diese exzellente Testament-Ausgabe die erste Version seit der Originalpressung! (1956/2021)