Evgeny Kissin

The Salzburg Recital

Label/AN:  Deutsche Grammophon, 4862991
Format:  2 LP 180g

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Rezension

Bevor er dem 2021er Festspielpublikum das gab, wofür es gekommen war, gab er ihm etwas zu kauen: Kissin eröffnete sein Konzert mit der Sonate opus 1 von Alban Berg, gefolgt von frühen Klavierminiaturen des aufgrund seiner Regimetreue umstrittenen russischen Komponisten Tichon Chrennikow, einst der populärste Komponist der Sowjetunion, im Westen ist sein Werk praktisch unbekannt. Eine so ungewöhnliche wie mutige Repertoirewahl. Die seltsame Schönheit von Bergs Komposition hat man freilich selten so intensiv wahrgenommen; und die Chrennikow-Stücke sind eine echte Offenbarung: Kein Parteibombast, sondern oft an Bartok erinnernde (auch aufgrund der Verarbeitung von Folk-Themen) Pretiosen, die unbedingt der Entdeckung wert sind. Bevor Kissin dann seinen wunderbaren Chopin präsentiert, überrascht er noch mit Gershwin-Preludes. Dabei zeigt er überraschendes Swing-Verständnis, in Verbindung mit der intellektuellen Klarheit seines Vortrags eine überaus faszinierende Darstellung! Spätestens jetzt beginnt das reine Genießer-Programm: Diese Chopin-Interpretationen zählen sicherlich zum Besten, was von Kissin diesbezüglich auf Schallplatte bekannt ist! Der Beifall nach der As-Dur-Polonaise op. 53 ist rauschend, der Zugabenteil entsprechend umfangreich. Ein mendelssohnsches “Lied ohne Worte”, dann ein selbstkomponierter zwölftöniger Tango (eine genialische Stilübung!), noch einmal Chopin (Scherzo op. 31 Nr. 2). Dann Debussys “Clair de lune”. Durchgeistigt. Danach konnte nichts mehr kommen, der Kreis zum Beginn des Konzerts ist geschlossen. Wer dort war, war Zeuge einer pianistischen Sternstunde. (2022)