Rezension
Das Erbe Elly Neys ist ein schwieriges; die Verstrickung der 1882 geborenen Pianistin in das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte läßt sich nun einmal nicht leugnen. Doch wer ihre Aufnahmen hört, wird nichts davon darin finden. Als „Hohepriesterin Beethovens“ war sie oft bezeichnet worden, und in der Tat verströmen ihre Einspielungen vor allem von dessen Sonatenwerk eine Aura endgültiger Autorität. Als Beispiel mag das „Adagio“ aus der „Pathétique“ herhalten, das Ney bei ihren Recitals auch gerne als Zugabe spielte: Weltentrückt, von reiner, unangreifbarer Schönheit, dabei frei von jeglicher Sentimentalität. Schwer bis unmöglich, sich dem zu entziehen. Wer imstande ist, die Künstlerpersönlichkeit vom Werk zu trennen, wird kaum ein bewegenderes Beethoven-Statement finden – allenfalls, und die Erwähnung dieses Namens in einem Absatz über Elly Ney ist nun tatsächlich heikel, denn ihr gleichaltriger Kollege mußte als Jude 1933 nach England fliehen, bei Artur Schnabel… – Die beiden 1957 erschienenen Einzel-LPs mit den Sonaten Nr. 8 und 31 bzw. 14 und 23 wurden von Analogphonic nun als Doppelalbum wieder aufgelegt. (1957/2019)