Hier ist es geglückt! Es ist ja äußerst selten, daß ein Klassik-Star sich mit Jazz (oder Pop) befaßt und dabei nicht Schiffbruch erleidet. Friedrich Gulda ist eine der wenigen rühmlichen Ausnahmen, aber der spielte Klavier – im Gesangsfach ist die Erfolgsquote fast bei Null, denn Oper und Lied erfordern nun mal ganz andere Techniken, als sie im Jazz üblich sind. Deswegen war dieses Album des größten Liedinterpreten seit Dietrich Fischer-Dieskau, des Baßbaritons Thomas Quasthoff, anno 2007 so eine große Überraschung: Er kann’s. Und zwar mit der allergrößten Selbstverständlichkeit. Und bleibt er selbst dabei: Jeder Ton ist Quasthoff, und doch läßt nichts an diesem Album darauf schließen, daß der Sänger eigentlich bei Schubert zu Hause ist. Sein „Jazz Album“ entstand in enger Zusammenarbeit mit Till Brönner, der auch das eine oder andere Trompetensolo beisteuert (und inspirierter klingt als auf vielen seiner eigenen Platten) – ganz offensichtlich ist der sprichwörtliche Funke zwischen den beiden Musikern übergesprungen, und zwar mehr als einmal. Die meisten Songs sind – in echter Swing-Tradition – mit Big Band eingespielt, doch einige auch mit kleiner Jazz-Besetzung und dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin. Die funktionieren aber genauso gut, und der Ellington-Klassiker „Solitude“ – nur mit Quasthoff und Orchester – ist ohne Frage ein besonderer Höhepunkt. Leider auch das Ende dieser von vorne bis hinten gelungenen LP. Deren Erstauflage war seinerzeit auf 1000 Stück limitiert und schnell vergriffen – wer damals nicht schnell genug war, sollte diese zweite Chance (diesmal sogar in hochaudiophiler Clearaudio-Qualität!) unbedingt nutzen… (2007/2015)