Mingus, Roach, Miles, Trane, Washington. Zu hoch gegriffen? Wer dieses Mammutwerk gehört hat, wird darüber zumindest verunsichert sein. Ein Jazz-Triple-Konzept-Album! Mit 14köpfigem Chor und Streichersektion, schon das Kernensemble zählt neun Musiker, darunter je zwei Keyboarder (meist Klavier und Orgel), Bassisten und Schlagzeuger! Der kalifornische Saxophonist (in zweiter Generation) ist Mitte 30 und keineswegs neu auf der Szene, durch seine Arbeit für die Hip Hop-Erneuerer Flying Lotus („You’re Dead“, 2014) und Kendrick Lamar („To Pimp A Butterfly“, 2015) erreichte er freilich erst einen breiteren Bekanntheitsgrad (wenigstens bei Menschen, die Klappentexte lesen). Mit Hip Hop hat Washingtons Debüt (!) nun weniger zu tun, mit der Tradition eingangs erwähnter Jazz-Giganten umso mehr. Und mit Soul. Und den Pan-Afrikanischen Experimenten der 70er. Aber Washington zitiert seine Helden nicht, er lebt diese Musik, erfindet sie ständig neu, deckt ungeahnte Zusammenhänge und Möglichkeiten auf. Dies ist durch und durch ein Album des 21. Jahrhunderts, innovativ und forschend, und dabei fast vollständig akustisch instrumentiert (aber elektrisch vibrierend!). Ein Wunder, nichts weniger. Episch? You bet! (2015)