Rezension
Wenn Traditionshüter den frühen Free Jazz gerne als reines Getröte abtun wollten (was natürlich bei einem Ornette Coleman eher ein lächerlicher Versuch war), so mußten ihnen spätestens bei dem hier bereits über 30jährigen Pianisten die Argumente ausgehen. Denn Taylor besitzt eine virtuose Technik, die auch Vergleiche mit einem Art Tatum nicht zu scheuen braucht, und seine Musik ist hörbar planvoll, ja intellektualistisch. „L’art pour l’art“ indes niemals, dafür ist sie erstens zu spannend, zweitens immer wieder (etwa in „This Nearly Was Mine“) zu kunstvoll mit eben jenen Traditionen verwoben. Das klingt heute noch visionär, auch wenn Taylor natürlich bald noch weit radikalere Platten machen sollte. Das Trio (mit Bassist Buel Neidlinger und Drummer Denis Charles) wird auf zwei der fünf Mitte Oktober 1960 aufgenommenen Tracks um einen noch gänzlich unbekannten Saxophonisten verstärkt, der alsbald gleichfalls in die Liga der großen Jazz-Erneuerer aufsteigen sollte. Sein Name: Archie Shepp! (1961/2022)