Rezension
Die Gesamteinspielung der Orchesterwerke von Richard Strauss war in den 1970ern das letzte Großprojekt des gebürtigen Dresdners gewesen vor dessen plötzlichem Tod mit 66 Jahren – was seinen Ruf als Strauss-Dirigent für die Ewigkeit zementiert hat, wiewohl der äußerst vielseitige Kempe selbst das keineswegs so sah. Vom Wesen her war Kempe, so könnte man sagen, ein Kammermusiker: An seinem Beruf faszinierte ihn weniger das glanzvolle Inszenieren vor Publikum (ein Anti-Karajan, könnte man sagen), sondern das gemeinsame Musizieren, das Zusammen-Klingen; dementsprechend respektvoll behandelte er auch seine Musiker. Seinen Aufnahmen kann man das durchaus auch anhören: Da ist etwas Organisches, unmittelbar Ansprechendes, und gerade in der sonst gerne als opulent empfundenen Musik Richard Strauss‘ dadurch auch etwas Intimes. Es gibt dramatischere Interpretationen (Fritz Reiner sei nur genannt), aber Kempes Wärme, sein fühlbarer Humanismus machen seine Einspielungen einzigartig. Vier Hauptwerke wurden für diese Vinyl-Neuausgabe ausgewählt, mit dem „Tanz der sieben Schleier“ aus „Salome“ und „Capriccio“ als willkommene Ergänzungen. (2022)