Rezension
Befreit von der Last romantischen Ballasts hatte Sigiswald Kuijken die Brandenburgischen Konzerte bereits zweimal, doch diese dritte Version (die zweite mit seinem eigenen Ensemble) ist die schlankeste – und gleichzeitig die am hellsten strahlende. Wie in seiner spektakulären 2006er Aufnahme der „Vier Jahreszeiten“ besetzte er auch hier die Cello-Parts mit einem barocken Schulter-Cello, was erhebliche Auswirkungen auf den Gesamtklang hat; zudem bewies er, daß der Solistenpart im zweiten Konzert tatsächlich auch mit einer reinen Naturtrompete ohne „Hilfsbohrungen“ gemeistert werden kann – LPB-Trompeter Jean-François Madeuf hätte jede Ehrung verdient gehabt für diese unglaubliche Leistung. Zudem der Klang des Instrumentes weit besser mit den Streichern harmoniert, weit weniger dominant oder aggressiv wirkt als der einer modernen Ventiltrompete. Klangliche Balance ist überhaupt das Stichwort für diese faszinierende und in ihrer Intimität oft berührende Interpretation. Und wenn wir eingangs von „hellem Strahlen“ sprachen: Es ist ein warmer Glanz gemeint, kein blendender. (2010/2022)