Rezension

Pferdeliebhaber sollten jetzt vielleicht nicht weiterlesen. Dieses Album nämlich wurde auf einem Pferd eingespielt. Natürlich nicht auf einem lebendigen. Sondern auf Knochen, Fell, Haar, Sehnen, Darm. Das Becken wurde zu einem archaischen Saiteninstrument. Was das soll? Es ging dem ja vor allem als Elektronikpionier bekannten Komponisten um eine Nacherzählung der Entstehung von Musik, beginnend mit primitiven Rhythmusinstrumenten über Knochenflöten und ersten Experimenten mit Saiten, erst gezupft, dann gestrichen. Gemeinsam mit den Musikern des an seltsame Experimente gewöhnten London Contemporary Orchestra entstand so ein ziemlich einzigartiges Album, das man womöglich makaber finden will, aber eigentlich hat man dafür keine Argumente, denn genau so ging es ja los. Und es ist nicht nur die Klangerzeugung an sich, es ist auch der Prozess, wie aus anfänglichem Chaos und Zufall nach und nach eine Ordnung entsteht. Am Ende hört man ein Klavier (vor der Elektrifizierung von Musik ja der Höhepunkt der mechanischen Entwicklung des Instrumentenbaus), das offenbar auf einer Pferdeweide steht: Der Kreis hat sich geschlossen. Eine schon sehr besondere Hörerfahrung. Man muß sich darauf einlassen wollen… (2023)