Rezension
Wiedervereint als das ursprüngliche Doppelalbum und glorios gemastert von Kevin Gray erstrahlt hier eines der wesentlichen Live-Dokumente der Bop-Ära in neuem Glanz. Es war die von manchen Jazz-Historikern gerne und fälschlicherweise nachlässig behandelte Zeit, da Adderley und Coltrane die Davis-Band verlassen hatten; die neue Ära mit Wayne Shorter lag noch in relativ ferner Zukunft. Nach einem kurzen Gastspiel von Sonny Stitt war es Hank Mobley, der die beiden Giganten zu beerben hatte – und der die Rolle hier ausgesprochen souverän und mit ebensoviel Eleganz wie Energie ausfüllt. Daß er der Band dennoch nicht lange angehörte, hing mit Problemen auf persönlicher, nicht musikalischer Ebene zusammen und ist angesichts des hier Gehörten schon sehr bedauerlich! Doch trotz der ideenreichen Soli der Bläser ist man fast geneigt, die Hauptrolle bei diesen Konzerten vom 21. und 22. April 1961 der Rhythmusgruppe zuzusprechen: Pianist Wynton Kelly, Bassist Paul Chambers und Drummer Jimmy Cobb. Kelly glänzt dabei nicht nur als zentraler Harmonisierer, bei dem die Fäden zusammenlaufen, sondern auch oft als brillanter Solist; das kontrapunktische Zusammenspiel mit Chambers ist nachgerade symbiotisch. Man kann mit großem Vergnügen das ganze Album durchhören, indem man nur auf Chambers’ “Walking Bass” hört; und wie Cobb etwaige solistische Überraschungsattacken jeweils rhythmisch unterstreicht, zeigt ebenfalls eindrücklich, wie gut das Ensemble kommunizierte. Another Milestone! (1961/2012, Pressung aktuell)