Rezension
Das erste offizielle Livealbum des Meisters bleibt auch sein bestes (die Jahrzehnte nach der Aufnahme veröffentlichten Dokumente der „Bootleg Series“ ausgenommen, aber selbst da wird es knapp). Dylans Rückkehr auf die Bühnen mit der bis heute besten Band seiner Karriere im Rücken war groß angekündigt und beworben worden, und natürlich strömten die Massen, um nostalgieselig die Hits von einst zu hören. Die wurden auch gespielt. Doch begann hier Dylans längst sprichwörtliche Eigenschaft, derartige Erwartungshaltungen aus Prinzip nicht zu erfüllen und das eigene Werk radikal umzuinterpretieren. Er tat es mit Furor – und mit Witz: Sagenhaft etwa die countryfizierte Fassung von „It Ain’t Me Babe“, das hier mehr nach einem The Band-Track klingt als nach einem Dylan-Klassiker aus den 60ern. Die Robertson-Truppe hatte hier ohnedies weit mehr als eine Statistenrolle inne (hatte sie eigentlich nie) und bestritt selbstverständlich auch einen Teil des Programms. Die hier zu hörenden Versionen von „The Night They Drove Old Dixie Down“, „Up On Cripple Creek“ oder „The Weight“ sind durchweg Konzerthöhepunkte! – Eines der besten Live-Alben überhaupt, endlich in einer standesgemäßen audiophilen Edition. (1974/2014, Pressung aktuell)