Rezension
Der Norweger, zum Zeitpunkt der Aufnahmen 76, ist vermutlich der größte lebende Lyriker auf dem Kontrabass; ein Mensch, der in eine einzige Note so viel Bedeutung legen kann wie andere nicht in ein zehnminütiges Solo. Die neue Band, die er für dieses Album zusammengestellt hat, besteht aus Musikern, die alle ein bis zwei Generationen jünger sind als er: Saxophonist Marius Neset, Helge Lien am Klavier und am Schlagzeug Håkon Mjåset Johansen. Eine Formation aus lauter Charakterdarstellern mithin, die in diesen beiden langen Improvisationen von Anfang an ganz wunderbar zueinander finden: Am Anfang steht nur ein Bass-Ton, gefolgt von Liens kristallinem Klavier, dann ersten suchenden Klängen aus Johansens Drumkit, schließlich blendet sich, erst nur Luft durch sein Instrument blasend, dann vorsichtig Töne formend, Neset ein. Was daraus entsteht, fühlt sich an wie eine Wanderung durch eine arktische Landschaft – strahlend, scheinbar unendlich, überwältigend und dabei zur inneren Einkehr einladend. Ohne Frage ein weiterer sehr hoher Gipfel in Andersens langer Diskographie. (2022/2023)