Rezension
Wiewohl Sohn einer Einwandererfamilie aus Moldawien, weist sein filigraner, eleganter Ton Devy Erlih als Vertreter der französischen Violinschule aus. Tatsächlich gewann er 1955 den internationalen Jacques Thibaud-Wettbewerb und galt spätestens da als einer von deren bedeutendsten Vertretern, seltsamerweise erlangte er aber trotz internationaler Konzerttätigkeit nie den ihm eigentlich gebührenden Starruhm, seine Schallplatten (so wenige sind es gar nicht) nahm er stets für kleine unabhängige Labels auf. Unter Violin-Aficionados freilich ist er weit mehr als ein Geheimtip, und die Vinyl-Veröffentlichung dieser beiden noch nie auf Tonträger erschienenen Recitals für den französischen Rundfunk (somit tadellos aufgenommen!) dürfte in der Sammler-Szene einige Begeisterung auslösen. Mozarts Es-Dur-Sonate KV 481, Schuberts Deutsche Tänze D 783 und eine hervorragende Aufführung von Beethovens „Kreutzer“-Sonate stammen aus dem Jahre 1971; Erlih wird von der Pianistin Brigitte Engerer begleitet, hier (gerade 19) am Anfang ihrer Karriere. Die erste der Bachschen Solosonaten und die 13. Paganini-Caprice wurden 1980 aufgenommen. Wir hören einen hochsensiblen Interpreten, dem die Musik an sich, später dann vor allem das Weitergeben seiner Kunst, stets wichtiger war als möglicher Starruhm. Sein Tod im Jahre 2012 (mit 83, immerhin) war eines solchen Menschen nicht würdig: Auf dem Weg zur École Normale de Musique wurde Devy Erlih von einem Lastwagen überfahren. (2023)