Rezension

Es war ja durchaus Zeit, daß mal wieder jemand daran erinnert: Daß Country Music, die vermeintlich „weißeste“ Strömung der Pop-Welt, ohne schwarze Einflüsse nicht denkbar ist. Denn anders als in der amerikanischen Gesellschaft, die bekanntlich eben kein „melting pot“ ist, sondern allenfalls eine „salad bowl“ (sprich: die einzelnen Elemente vermischen sich nicht wirklich), ist die Country Music tatsächlich eine Mischung unterschiedlichster Kulturen, europäischer wie afrikanischer, und ihre Vereinnahmung durch ein weißes Publikum ist historisch so falsch wie die Streichung schwarzer Cowboys durch Hollywood; beides fand ja tatsächlich etwa zeitgleich statt. Ray Charles war einer der wenigen, die sich daraufhin noch trauten, das schwarze Country-Erbe zu beanspruchen, das ist jetzt 60 Jahre her. Beyoncé hat nun sozusagen ein Update von dessen „Modern Sounds In Country And Western Music“ aufgenommen, angereichert mit modernem R’n’B und kaum weniger spannend als das Original – und genauso wie jenes ein Tritt ins Gesicht des weißen Country-Establishments. Denn natürlich kann Beyoncé ganz großartig Country-Songs singen, und wer sich an ihren „Modern Sounds“ stört, hat schlicht vergessen, daß die ganze Gattung nur existiert, weil ihre Pioniere fröhlich jeden Fremdeinfluß aufgesogen haben, vom Schweizer Jodeln bis zur Hawaii-Gitarre. Dieses Album ist eine lange überfällige Frischzellenkur – man wird sehen, mit welchen Konsequenzen. Die Tür ist geöffnet. – Die Deluxe-Version enthält nun alle 27 Tracks, außerdem ein großes Poster und ein 40seitiges Booklet! (2024)