Rezension
Ein Star wurde der Komponist durch seine Soundtracks, insbesondere seine kongenialen Arbeiten für das legendäre Zeichentrick-Studio Ghibli. Wenn es seine Zeit erlaubt, widmet Hisaishi sich aber auch (vor allem in den letzten Jahren) absoluter Musik. Seine zweite Symphonie, uraufgeführt 2021, ist vom Konzept her minimalistisch, ganz anders jedoch als bei den Wegbereitern Reich und Glass: Hier werden Motive (oder Patterns) nicht allmählich verändert, sondern sind in ständiger Bewegung, werden immer wieder hin- und hergedreht und bearbeitet. Man spürt dabei die Herkunft vom Film, doch dort hat der Komponist selten die Gelegenheit, sich über einen ausreichend langen Zeitraum in solcher Form mit einem Thema zu befassen. Wer genau zuhört, wird in dieser Musik eine Vielzahl verschiedenster Einflüsse finden, von europäischer Klassik (Barock bis klassische Moderne) über (natürlich) japanische Musik bis hin zum brasilianischen Meister Heitor Villa-Lobos. Diese Vielfalt gilt auch für das anschließende Bratschenkonzert „Viola Saga“, fabelhaft realisiert von Antoine Tamestit, einem der bedeutendsten lebenden Bratschisten, der bereits etliche zeitgenössische Werke für sein Instrument aus der Taufe hob. „Viola Saga“ ist sehr viel farbenprächtiger als die Symphonie, es gibt viele überraschende Stimmungsumschwünge, ständig neue Bühnenbilder – jede Orchestergruppe kann unversehens eine Hauptrolle übernehmen. Zusammengehalten wird das Werk vom Solo-Part, der als roter Faden fungiert. Sehr spannend, melodisch reich, großartig komponiert: Dieses für den Solisten ebenso wie für das Ensemble gleichermaßen dankbare Werk wird seinen Platz im Konzertrepertoire mit Sicherheit finden! (2024)