Rezension
Nach frustrierenden Jahren bei RCA, wo man Nelson unbedingt in das gängige Nashville-Sound-Korsett hatte zwingen wollen, und ständig sinkenden Plattenverkäufen hatte der Sänger schon beschlossen, der Branche den Rücken zu kehren (als Farmer war er aber noch weniger erfolgreich). Dann bemerkte er zunehmend junge Leute auf Country-Konzerten: Ein Publikum, das von Dylan, den Byrds und Flying Burrito Brothers auf das uramerikanische Genre aufmerksam gemacht worden war. Nelson erkannte seine Chance, ließ allen Nashville-Glanz links liegen, nahm das Outlaw-Image an, für das sein Name heute noch steht – und bei Atlantic Records gab man ihm die Chance, das passende Album aufzunehmen. „Shotgun Willie“ wurde nichts weniger als ein Meisterwerk, es war der Beginn einer Serie so exzellenter wie genrebestimmender LPs. Noch brachte es Nelson nicht in die Charts zurück, aber die richtigen Leute wurden auf dieses gigantische Songwriting-Talent aufmerksam; die Mischung aus Hardcore-Country, Rock-Anklängen, sagenhafter Musikalität (die Besetzung mit Cracks wie James Clayton Day und Dan Spears sowie Gästen wie Waylon Jennings und Doug Sahm treibt einem Tränen in die Augen) und großartigem Storytelling brachte nicht nur glänzende Kritiken, sondern auch den Kern einer loyalen Anhängerschaft. – Vorerst wohl definitive Ausgabe dieses Pflichtalbums! (1973/2024)