Rezension
Der 2011er Tom Waits-Song (aus „Bad As Me“) scheint für Nelson geschrieben, er hat ja inzwischen wirklich so ziemlich alle überlebt. Doch hört man ihn das Stück singen, so klingt das nur ein bißchen wehmütig – der Humor, die (Selbst-)Ironie überwiegt. Nachdenkliche Töne gibt es dennoch etliche auf Nelsons 76. Studioalbum. Es besteht überwiegend aus Coverversionen, sie sind freilich unterschiedlichster Herkunft: Nina Simone, Neil Young, Keith Richards und Warren Zevon sind ebenso vertreten wie Beck und die Flaming Lips, deren „Do You Realize??“ Nelson eine ungekannte Tiefe verleiht. Youngs „Broken Arrow“ ist ebenso eindrücklich und rührend wie Becks „Lost Cause“ oder Zevons „Keep Me In Your Heart“. Sohn Micah, der produzierte und die meisten Instrumente spielt, sorgte für schlichte, warme Akustik-Arrangements. Gelegentlich schauen alte Freunde vorbei; Daniel Lanois spielt Pedal Steel auf Nelsons Neuinterpretation seines eigenen Klassikers „The Ghost“; auf vier Songs ist das Schlagzeug von John Densmore zu hören. Das ist aber nebensächlich, es ist Nelsons Charakterstimme, die im Fokus steht. Näher an den „American Recordings“ seines schon lange vorausgegangenen Freundes Johnny Cash klang er noch auf keinem seiner vielen Alben der letzten Jahre. (2024)