Rezension
Natürlich hätte er es selbst spielen können, aber Jarrett wollte kein weiteres Keith Jarrett-Album machen, sondern ganz bewußt seine Komposition von jemand anderem interpretiert hören, und so bat er damals den Pianisten und Dirigenten Dennis Russell Davies, mit dem er kurz zuvor gearbeitet hatte, sein etwa halbstündiges Klavierstück „Ritual“ aufzunehmen – das Ergebnis erschien 1982 (mit fünfjähriger Verzögerung!) auf ECM. Nun hat der französisch-armenische Pianist François Mardirossian, der vor einigen Jahren mit einem dem Werk von Moondog gewidmetem Album debütierte, das Stück für sich entdeckt – eine Art kultureller Zirkelschluß, denn Jarrett schrieb es einst unter dem Einfluß der Musik des griechisch-armenischen Mystikers und Komponisten George I. Gurdjieff. Daß Mardirossian dieses Werk sehr ernst genommen und sich sehr tiefgehend damit befaßt hat, kann man hier in jeder Note, jeder Phrase hören. Und es ist ziemlich offensichtlich, daß er vom Notentext ausging und nicht von Davies‘ Ersteinspielung, denn er kommt immer wieder zu gänzlich anderen Schlüssen als jener. Vielleicht der entscheidende Schritt, um dieses nach wie vor kaum bekannte Werk im klassischen Konzertrepertoire zu verankern… (2025)