Rezension
Man hört sehr schnell, daß Fricsays „Neue Welt“ eine besondere ist: Noch bevor der Kopfsatz richtig losgeht, sind da Nuancen, die eigentlich kaum beschreibbar sind; mehr spür- als hörbar. Nach dem ersten großen Tutti ist es einmal die Solo-Flöte, die das Thema übernimmt, mal das Horn – in beiden Fällen geschieht es mit einzigartiger Delikatesse. Und unter stetiger Hochspannung: Die durchzieht die Interpretation von vorne bis hinten; man mag das Werk noch so gut kennen, man hört wie elektrisiert zu. Minimalste Verschiebungen im Tempo und kaum noch meßbare Dynamik-Variationen sind dafür verantwortlich: Als hätte Fricsay das Orchester direkt mit seinen Gehirnströmen geleitet. Die Berliner Philharmoniker waren das ja noch aus der Furtwängler-Ära „gewöhnt“; ob eine solche Einspielung mit einem anderen Orchester möglich gewesen wäre, ist daher tatsächlich fraglich. Ob nun das buchstäblich himmlische Largo, das mitreißende Scherzo oder der Schlußsatz, bei dem ein Höhepunkt auf den anderen folgt: Dies ist eine Neunte, an der man nicht vorbeikommt – gleich, wieviele man schon sein Eigen nennen mag. Obendrein – jedenfalls in vorliegender Clearaudio-Edition – von geradezu überwältigender Klangqualität! (1960/2015)