20 Jahre liegt die Komposition der „Gesungenen Zeit“ zurück; die Vinyl-Premiere der Ersteinspielung fällt passend ins Rihm-Jahr 2012 (der Komponist feiert aktuell seinen 60. Geburtstag). Es ist dies eine der lyrischsten, poetischsten Bereicherungen des Violinrepertoires nach 1945; und wem sonst als der Königin des langsamen Satzes hätte man es widmen sollen? In der Tat erweist sich Anne-Sophie Mutter als die ideale Interpretin der „Gesungenen Zeit“, der die unfaßbare Schönheit ihrer Tongebung entsprechend zugute kommt. Ein Werk, darin zu versinken; von den ersten, unirdisch anmutenden Flageolet-Tönen an. Es gibt im 20. Jahrhundert im Grunde nur ein weiteres Werk, mit dem es sich sinnvoll verbinden ließe: Das Violinkonzert „Im Andenken eines Engels“, das Alban Berg im Jahre 1935 auf den tragischen Tod der 18jährigen Manon Gropius (Tochter des Architekten und der mit Berg eng befreundeten Alma Mahler) schrieb. Von allen Vertretern der sogenannten Zweiten Wiener Schule ist Berg derjenige, der mit der Romantik nicht brach, sondern sie (und die ganze Musikgeschichte) mit der Avantgarde verband; und nirgendwo ist ihm dies mit solch intensiver Wirkung gelungen wie in diesem Konzert. Mutters tief empfundene Interpretation macht auch diese LP-Seite zu einem ergreifenden musikalischen Erlebnis. – Clearaudio-Seniorchef Peter Suchy hat uns mit dieser Vinyledition (die übrigens beweist, daß auch Digitalaufnahmen der frühen 90er alles andere als schlecht klingen können) einen langgehegten persönlichen Wunsch erfüllt; wir danken herzlich dafür! (2012)