Rezension
Das 2018er Album, aufgenommen im Alter von stolzen 89 Jahren, ist zum Teil nostalgische Rückschau, zum Teil aber auch das Gegenteil davon. Sechs Standards wählte der Klarinettist aus, Lieblingssongs aus seinem langen Musikerleben, vom Sinatra-Klassiker „Angel Eyes“ über Michel Legrands „What Are You Doing The Rest Of Your Live“ bis zu Joni Mitchells „Both Sides Now“. Sie werden nicht verfremdet oder groß modernisiert, mehr liebevoll zelebriert – man hat Kühn selten so lyrisch und intim gehört. Dem gegenüber stehen fünf neue Eigenkompositionen, in denen Kühn noch einmal an seine Schlüsselposition innerhalb der europäischen Jazz-Avantgarde erinnert. Seine phantastische Band kann beides spielend mitmachen. Sie ist um so vieles jünger als er: Selbst vom zweitältesten Musiker hier, dem Pianisten Frank Chastenier, trennen Kuhn 37 Jahre. Der Abstand zu Drummer Tupac Mantilla beträgt fast ein halbes Jahrhundert, bei Bassistin Lisa Wulff sind es über 60 Jahre. Hört man Kühns federnd-elegantes Spiel auf der Klarinette, scheint das kaum denkbar. Ein wunderbares Album; man darf es getrost zu seinen besten zählen. – Erstmals einzeln auf Vinyl zu haben! (2018/2021)