Rezension
Maria Dueñas‘ Schallplattendebüt war eines der bedeutendsten Statements zu Beethovens Violinkonzert der letzten Jahrzehnte. Ihre zweite Aufnahme für die Deutsche Grammophon ist nun der wohl schwierigste Repertoire-Klimmzug jenseits von Bach: Die Widmung des Komponisten „Dedicati agli artisti“ hatte durchaus etwas Höhnisches, denn der größte Violinist seiner Epoche ging vermutlich nicht davon aus, daß irgendjemand außer ihm diese musikalischen „Launen“ (in Wahrheit bestimmte Aspekte der Spieltechnik herausstellende bzw. ad absurdum führende Bravourstücke) je zufriedenstellend bewältigen könnte; es sollte auch über ein Jahrhundert dauern, bis das Gegenteil bewiesen wurde. Inzwischen gibt es, ausgehend von den Pionierleistungen von Ruggiero Ricci, Ossy Renardy und natürlich Michael Rabin, gut ein halbes Hundert Gesamtaufnahmen. Man muß als junge Künstlerin mithin nicht nur die fingerbrecherische Technik mitbringen, sondern auch Ideen zur Gestaltung haben, wenn man den Zyklus in Angriff nimmt. Dueñas hat eine Menge davon – und vor allem verstanden, daß Paganinis Musik stets weit über den technischen Aspekt hinausgeht, daß dahinter sagenhafter melodischer Reichtum liegt – und emotionaler Tiefgang. Schließlich stand der Geiger Pate für Franz Liszts Begriff der „transzendentalen Virtuosität“. Und dieses Phänomen bekommt man hier in nachgerade exemplarischer Form vorgeführt: Man kommt kaum zu Atem angesichts der durchgehenden Spannung in Dueñas‘ Gestaltung (einzelne Capricen herauszugreifen, ist sinnlos – man wird von der jeweils nächsten ebenso überwältigt). Wie sie es schon bei ihrem Beethoven-Debüt tat (mit der Hinzufügung gleich mehrerer bedeutender Solo-Kadenzen), ließ es die Künstlerin auch diesmal nicht bei einer herausragenden Interpretation des Werkes an sich bewenden: Auf der dritten LP stellt sie ein Programm von Stücken vor, die von Paganinis Neuem Testament des Violinspiels beeinflußt wurden – von seinen Zeitgenossen (Berlioz) bis in die Gegenwart (das von Gabriela Ortiz für die Geigerin geschriebene „De cuerda y madera“). Ein Album für sich, das eigentlich einen eigenen „rave review“ verlangte… Eine der absolut essentiellen Klassik-Veröffentlichungen in diesem Jahr! (2025)