Rezension

Carl Philipp Emanuel ist zwar sicherlich der bekannteste unter den Bach-Söhnen, doch auch er steht im Schatten des übermächtigen Vaters und hat bis heute nicht die ihm eigentlich gebührende Popularität – dabei ist er musikhistorisch von geradezu überragender Bedeutung, baute er in seinem Werk doch wie kaum ein Anderer die Brücke zwischen Barock und Wiener Klassik, bereitete den Boden für Haydn, Mozart, Beethoven. Was seine Musik neben ihrer nachgerade quecksilbrigen Beschaffenheit (sie ist stets im Fluß) auszeichnet, ist eine bemerkenswerte Klarheit – es ist also kaum ein Wunder, daß Keith Jarrett in ihm einen Seelenverwandten erkannte. Die Einspielung der sechs „Württembergischen Sonaten“ fand bereits 1994 statt, in jenen Jahren also, da Jarrett sich verstärkt als Interpret klassischer Musik engagierte, wenn er nicht gerade mit seinem „Standards“-Trio unterwegs war. Warum dieser diskographische Höhepunkt (denn darum handelt es sich) damals im Archiv verschwand, läßt sich kaum nachvollziehen. Sicher, CPEs Musik war vor 30 Jahren noch „exotischer“ als heute (inzwischen fand eine leichte Renaissance statt), doch gerade Jarretts Name hätte ja die Wiederentdeckung dieses großartigen Repertoires gehörig vorantreiben können. Der letztjährigen CD-Veröffentlichung folgt nun jedenfalls dankenswerterweise auch Vinyl, und man kann nur einmal mehr trocken kommentieren: Besser spät als nie. Definitiv eines der Pflichtalben in diesem Jahr… (2024, rec. 1994)