Rezension
Wenn man von einer im wahrsten Sinne ‚klassischen‘ Einspielung sprechen kann, so ist es wohl diese: Ganz im Gegensatz zu seinen Beethoven-Zyklen aus den 70ern und (vor allem) 80ern dirigierte Herbert von Karajan die neun Symphonien in dieser Erst-einspielung für das Gelblabel aus dem Jahre 1963 ohne Manierismen und übertriebene Romantik. Natürlich auch ohne das revolutionäre Element eines Scherchen oder gar Leibowitz: Diese Einspielung kommt ohne musikalische Extreme aus (das für den Dirigenten typische ‚Schwelgen‘ im Klang ist natürlich da, aber maßvoll), weswegen sie sich bei Interpretationsvergleichen auch bestens als Angel- und Orientierungspunkt eignet. Großes Verdienst dieser Einspielung war unter anderem die Neubewertung der sogenannten ‚kleinen‘ Symphonien 1, 2, 4 und 8, die bis dahin gerne unterschätzt wurden und hier gleichberechtigt neben den ungleich populäreren Nummern 3, 5, 6, 7 und 9 stehen. Letztere glänzt im Übrigen mit einer hervorragenden Gesangsbesetzung im Schlußsatz, bestehend aus Gundula Janowitz, Hilde Rössel-Majdan, Waldemar Kmentt und Walter Berry! (1963/2020)