Rezension

Auf dünnes Eis begibt man sich immer, wenn man sich mit der Musik der heute in Berlin lebenden Kolumbianerin befaßt. Dieses Album aber hat diesbezüglich eine neue Qualität. Eine Vertonung der menschlichen Psyche, Dalt zufolge offensichtlich ein dunkler, unheimlicher, ja gespenstischer Ort voller Abgründe und Horrorgestalten. Was sich in diesen auf Spanisch und Englisch gesungenen Songs eins zu eins widerspiegelt. Seltsam und unvorhersehbar winden sich die Melodien, schlingpflanzengleich, und sind doch unmittelbar eingängig, manchmal gefährlich verführerisch. In den Arrangements dazu begegnen sich spukende Streicher und zähflüssige, festen Boden nur vortäuschende Elektronik. Was Dalts Musik letztlich einzigartig macht, ist die Einbeziehung ihrer lateinamerikanischen Wurzeln. Seltsam und verstörend, dabei von hoher Anziehungskraft – und je tiefer man eindringt, desto greifbarer wird der Wahn. Man wundert sich eigentlich nicht, daß sich ein David Sylvian als Koproduzent anbot (und im Opener "Cosa Rara" auch persönlich auftritt): Derartige Charaktere müssen sich wohl früher oder später begegnen. (2025)