Rezension
Versöhnte Sam Rivers auf seinen beiden vorangegangenen Blue Note-LPs den Free Jazz mit der Bop-Tradition, so spannte er den Bogen hier noch weiter: Anders als "Fuchsia Swing Song" und "Contours" besteht "A New Conception" nicht aus Eigenkompositionen, sondern ausschließlich aus Standards. "When I Fall In Love", "I'll Never Smile Again", "What A Difference A Day Makes", "Temptation" – ganz klassischer Stoff. Rivers behandelt diese Songs mit dem größten Respekt – und führt sie doch in die Jazz-Gegenwart des Jahres 1966. Das Außergewöhnliche bei diesem besonderen Avantgardisten zeigt sich hier vielleicht deutlicher denn je: Rivers ging es nie um einen Bruch mit Traditionen, sondern um stete Weiterentwicklung; man spürt in seinem Spiel sein umfassendes, weit über den Jazz hinausgehendes Musikverständnis. Doch wiewohl reflektiert und intellektuell, ist sein Ton auch hier ein warmer, angenehmer: Kaum jemand konnte ein Sopransaxophon (das er hier etwa gleichberechtigt neben Tenorsax und Querflöte spielt) so voll und weich klingen lassen! (1967/2025)