Nur wenige Tage vor dem 80. Geburtstag der Komponistin und Pianistin erscheint dieses Album; man darf mit Recht davon ausgehen, daß die Grande Dame des Jazz-Pianos sich mit dem „Lauf der Zeit“ (so lautet der Titel der LP) auskennt. Behutsam setzt sie ihn in Töne, und vielleicht beherrscht die einst vor allem von Jimmy Giuffre erfundende Kunst, Avantgarde und Lyrik zusammenzudenken, heute niemand so perfekt wie Carla Bley. Empfindsam und direkt berührend sind diese drei neuen Kompositionen (das Titelstück ist eine dreisätzige, knapp dreißigminütige Suite), und doch staunt man immer wieder ob der harmonischen und dramaturgischen Wendungen: Dies ist konventionsfreie Musik, aber bar jeder Aggressivität. Und Bleys Trio mit Saxophonist Andy Shepard und Steve Swallow an der akustischen Bass-Gitarre, zum ersten Mal 1994 in dieser Form zu hören, ist längst zu einem Organismus zusammengewachsen: Viele Ensembles, die Kammermusik auf einem solchen Niveau zelebrieren konnten (und dabei immer noch Spielfreude spüren lassen!), hat es jenseits des MJQ und des klassischen Bill Evans Trios in der Jazzgeschichte nicht gegeben… (2016)