Rezension
Ein Testament. Dick Taylor stellte es fertig, nachdem sein Weggefährte Phil May im Mai 2020 nach Komplikationen infolge eine Hüftoperation starb. Er änderte kaum etwas an den bereits bestehenden Aufnahmen, die praktisch nur aus Mays Gesang und akustischen (selten elektrischen) Gitarren sowie Harmonika (Sam Brothers) und gelegentlich Violine (Jon Wigg) bestehen. Ein akustisches Blues-Set war in der letzten Band-Dekade fester Teil ihrer Shows gewesen; nachdem die Band sich als elektrische Rockformation (vor langer Zeit die lauteste und langhaarigste, die Leute hörten, denen die Stones zu brav waren) im Dezember 2018 offiziell verabschiedet hatte, sah May den ursprünglichen akustischen Blues als einzige mögliche Zukunft. Die meisten dieser Songs sind uralte Standards, aber May und Taylor bringen sie mit einer Intensität, die auch einen direkten Vergleich mit den Ur-Blues-Meistern der 20er bis 50er Jahre aushält. Man kann es ironisch finden, daß die Geschichte der Band, die den Hard Rock ebenso erfand wie die Rock-Oper, nun mit einem akustischen Blues-Album zu Ende geht. Doch bei genauem Nachdenken ist es nur konsequent. Und außerdem: Es ist nicht irgendein Bluesalbum. Es ist eines der besten, die je in England aufgenommen wurden. Oder sonstwo. (2020)