Rezension

Daß Graham Coxons Talente weit darüber hinausgehen, der Blur-Gitarrist zu sein, ist hinlänglich bekannt. Sein neues Projekt mit der einstigen Pipettes-Mitgründerin und Sängerin Rose Elinor Dougall (in der Tat ein kaum zu erwartendes Paar!) spiegelt jene Talente womöglich umfassender als irgendein anderer Teil seiner Diskographie. Auch wegen seiner instrumentalen Beiträge, er spielt zum Beispiel ganz grandios Saxophon, auch nicht wegen des durchweg genialischen Songwritings oder der oft schwindelerregenden, doch nie zu fetten Arrangements. Sondern vor allem aufgrund dieser kaum zu verarbeitenden stilistischen Bandbreite: Zwischen Songwriter-Folk und motorischem Krautrock gibt es kaum etwas, das es nicht gibt. Free Jazz. Synth Pop. Glam. Doo Wop. Prog. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Man denkt mal an Sandy Denny, mal an Harmonia, dort lugen The Sparks um die Ecke, hier die frühen Roxy Music, und nicht selten passiert so viel davon gleichzeitig, daß man gar nicht mehr weiß, in welche Richtung man weiterassoziieren soll. Aber das übernehmen dann ja auch gleich wieder Coxon und Dougall für einen und führen die Musik wieder in eine vollkommen andere Richtung. Daß dabei ein schlüssiges, ja annähernd perfektes Stück echter Album-Kunst entstanden ist, ist vielleicht das größte Wunder. Überragend. (2023)