Rezension

„Kind Of Blue“ ist das wahrscheinlich größte Jazz-Album überhaupt, zumindest fällt es schwer, ein vergleichsweise monolithisches Werk zu finden, das den weiteren Verlauf der Jazz-Geschichte in ähnlicher Weise beeinflußt hätte. Vom Himmel fiel es nicht. Es geschah im Mai 1958, daß die Jahrhundert-Formation aus Miles Davis, Cannonball Adderley, John Coltrane, Bill Evans, Paul Chambers und Jimmy Cobb erstmals gemeinsam in Columbias 30th Street-Studio stand und vier Titel aufnahm: „On Green Dolphin Street“, „Fran-Dance“, „Stella By Starlight“ und „Love For Sale“. Davis hatte das Konzept des modalen Jazz noch nicht fertig entwickelt, aber man spürt bereits deutlich, daß etwas grundlegend anders ist. Evans stieg bald darauf zugunsten seiner Solo-Karriere aus der Band aus, doch Davis wußte, daß er den Sound, der ihm für „Kind Of Blue“ vorschwebte, nur mit ihm erreichen konnte und holte ihn für die Albumsessions im März und April 1959 bekanntlich zurück. Deren Vorgeschichte, erstmals editorisch sinnvoll auf der Bonus-CD der „50th Anniversary Edition“ anno 2008 veröffentlicht, gibt es nun endlich als das, was es eigentlich längst hätte sein sollen: Als eigenständiges Album nämlich. Erfreulicherweise auch gleich in bestmöglicher Form, hervorragend vom Analogband gemastert von Matthew Lutthans und bei Quality Records gepreßt! (2024, rec. 1958)