Seit Anfang der 90er nimmt der Tunesier für Manfred Eichers ECM-Label auf; er ist einer der spannendsten Künstler des Labels, immer wieder neue Brücken zwischen Kulturen schlagend und dabei mit Musikern aus aller Herren Länder arbeitend (etwa Jan Garbarek, John Surman, dem französischen Akkordeonisten Jean-Louis Matinier oder dem pakistanischen Tablaspieler Shaukat Hussain). Das Album, mit dem Brahem auch seinen 60. Geburtstag feiert, mutet da auf den ersten Blick geradezu konventionell an: Der Oud-Meister spielt hier mit einem klassischen Klaviertrio zusammen, bestehend aus Django Bates, Dave Holland und Jack DeJohnette. Die Musik ist natürlich alles andere als gewöhnlich: Wie Lampengeister winden sich da die arabische Musiktradition mit ihren ungewohnten Metren und Klangfarben, westliche Jazzimprovisation und subtile Kammermusik umeinander, dabei immer wieder neue Schattierungen und Kombinationen bildend. Zahlreich sind die Momente unwiderstehlicher, verführerischer Schönheit; berauschend sind die Exkursionen in unbekanntes Territorium. Im elfminütigen Schlußstück „Unexpected Outcome“ kulminiert beides. Nicht nur nebenbei ist dieses Album auch ein Symbol für eine mögliche Balance der Kulturen – mehr als das: Wenn gegenseitige Befruchtung an die Stelle der Abschottung rückt, sind Wunder möglich. Dieses Album ist eines, sogar für eine so ungewöhnliche Diskographie wie die Anouar Brahems! (2017)