Rezension
Bereits die zweite bedeutende Archiv-Veröffentlichung innerhalb eines Jahres. 1964 – „Crescent“ war im Kasten, „A Love Supreme“ lag noch ein halbes Jahr in der Zukunft – wurde Coltrane vom ihn vergötternden kanadischen Regisseur Gilles Groulx gefragt, ob er für dessen Film „Le Chat dans le Sac“ den Soundtrack aufnehmen würde. Coltrane willigte ein und spielte (ohne den Film gesehen zu haben) am 24.6. in Rudy Van Gelders Studio 36 Minuten Musik ein, darunter zwei fabelhafte Takes von „Naima“, drei von „Village Blues“ und je einen von „Like Sonny“, „Traneing In“ und dem Titeltrack. Spannend dabei ist vor allem, wie dieses sagenhafte Quartett gerade die älteren Stücke behandelt, weiterentwickelt und gänzlich neu klingen läßt. Weswegen dieses Album denn auch mehr ist als eine diskographische Fußnote für Komplettisten. Allein für McCoy Tyners Solo in „Blue World“ oder für Jimmy Garrisons lange Introduktion zu „Traneing In“ ist diese Wiederentdeckung wichtig; von Elvin Jones‘ wie immer packendem Drumming oder all den wunderbaren Coltrane-Soli gar nicht zu reden. Groulx verwendete damals übrigens nur zehn Minuten Musik in seinem Film. Es erstaunt schon etwas, daß in 55 Jahren niemand auf den Gedanken kam, das keineswegs verschollene, sondern sauber archivierte Komplettmaterial zu veröffentlichen… (2019, rec. 1964)