Rezension
Ein ganzes Album voller Zugaben: Für die großen Virtuosen ein bis zwei Generationen zuvor durchaus nichts Ungewöhnliches; ein Ruggiero Ricci etwa nahm derartige Platten regelmäßig auf. Anne-Sophie Mutter aber galt bis dahin nicht unbedingt als Geigerin, die sich für derartiges Repertoire eignete – viele sprachen ihr den Charakter und das Feuer dafür ab. Doch das Album wurde nicht nur zum internationalen Top-Seller – es zeigte auch bislang unbekannte Seiten der Star-Geigerin. Pablo de Sarasates „Zigeunerweisen“ sind der beeindruckende Einstieg. Mutters Delikatesse besonders in den höchsten Lagen kommt hier bestens zum Tragen, vor allem aber überrascht die Verve, mit der sie das Stück gestaltet – wobei James Levine, anders als Mutters einstiger Ziehvater Karajan, auch nicht an der Bremse zieht…! Langsamere Encores wie Henry Wieniawskis „Légende“ oder Jules Massenets „Méditation“ sind für Mutters Schmelz natürlich wie geschaffen, aber es sind in diesem Falle doch die Bravourstücke, die den Reiz des Albums ausmachen: Der aberwitzige Schlußsatz von Tartinis „Teufelstriller“-Sonate, Ravels „Tzigane“ oder Sarasates dem Album den Titel gebende Konzert-Fantasie über Themen aus „Carmen“. Eine geigerische tour de force, die Anne-Sophie Mutter nicht nur mit der selbstverständlichen technischen Souveränität ihrer großen Vorgänger meistert, sondern auch mit hörbarer Spiellaune… (1993/2013, Pressung aktuell)