Rezension
Selbst, wenn die Saxophonistin und Komponistin das auf zwölf Alben angelegte Projekt nicht beenden sollte – es wird jetzt bereits als eines der größten Lebenswerke im Jazz des 21. Jahrhunderts in die Geschichte eingehen. Auch das fünfte Kapitel des einzigartigen Konzeptwerkes über die afroamerikanische Geschichte ist eng mit ihrer eigenen Familie verknüpft. Abermals beschwört Roberts die Geister einer nicht nur ungeschriebenen, sondern systematisch totgeschwiegenen alternativen amerikanischen Geschichte; verwendet dafür Free Jazz, elektronische Musik, Field Recordings, Sound-Collagen, Gesang und Spoken Word, führt durch intime kammermusikalische Passagen ebenso wie durch stürmische Kakophonien. Ja, Roberts‘ Musik ist anstrengend und soll es auch sein, der Hörer wird ständig herausgefordert. Doch man wird schwerlich spannendere und tiefere zeitgenössische Musik finden. Roberts hat ein Genre für sich erschaffen, es gibt wohl nichts, womit der „Coin Coin“-Zyklus sich vergleichen ließe. Zu der großatigen Band in Tentet-Stärke, die Roberts diesmal um sich geschart hat, zählen Koryphäen wie Stuart Bogie (Klarinetten), Trompeter Matt Lavelle, Altsaxophonist Darius Jones, die Schlagzeuger Ryan Sawyer und Mike Pride, Geigerin Mazz Swift und Pianist Cory Smythe. Allesamt große Charaktermusiker, die sich hier ganz in den Dienst von Roberts‘ visionärem Werk stellen. (2023)