Rezension
Abermals ist dem französischen Archäologen-Label eine Sensation gelungen, denn das Konzert im Olympia vom 11. Oktober 1960 galt als nur partiell erhalten. Bis anno 2022 der fehlende Teil der Show bei einem bretonischen Tonbandenthusiasten auftauchte. Für den Hauptteil wurde allerdings auch nicht das für eine CD-Veröffentlichung auf dem Trema-Label verwendete Band gewählt, sondern eine für besser erachtete Kopie, die man nach langer Recherche beim Rundfunk in Stockholm fand. Zwei Doppelalben ließen sich mit dem Material füllen (bei immerhin meist ca. 20 Minuten Spielzeit pro Seite). Das Quintett, das hier zu hören ist (und das macht den Fund so bedeutend) ist jenes kurzlebige mit Sonny Stitt – was durchaus eine vielversprechende Besetzung nach Coltranes Ausstieg war, und wäre Stitts exzessiver Alkoholkonsum nicht gewesen, hätte sie womöglich länger Bestand gehabt: Der Kontrast zwischen den beiden Bläsern ist reizvoll und hätte durchaus Potential gehabt. Doch Davis war kein nachsichtiger Arbeitgeber, also flog Stitt bald wieder raus. Im Studio dokumentiert ist dieses Quintett gar nicht; was Konzertmitschnitte betrifft, selten in befriedigender Qualität. Dieses Ensemble in audiophiler Qualität zu erleben, ist ein nicht mehr erhoffter Glücksfall – der eine bedeutende Lücke in der Davis-Diskographie schließt. Zumindest die 3000 Stück der Erstauflagen werden kaum lange vorhalten… (2025, rec. 1960)