Rezension
Für dieses Album sollte man sich eigentlich persönlich bei René Laflamme bedanken – denn diese auf dem kleinen kanadischen Label Leaf Music 2024 auf CD veröffentlichte Aufnahme nicht nur überhaupt auf Vinyl, sondern noch dazu in solcher Qualität hören zu dürfen, ist ein außerordentlicher Glücksfall. Beide Musikerinnen zählen zu den heiß gehandelten Talenten an ihrem jeweiligen Instrument, hier zeigen sie, daß sie nicht nur erstklassige Solistinnen sind. Denn das Album trägt seinen Titel ja bewußt: Es geht um den musikalischen Dialog. In beiden ausgewählten Werken gibt es keine Hauptrolle – wiewohl das eine von einem Pianisten, das andere von einer Streicherin stammt. Es geht um das Miteinander, den Austausch, die Ergänzung. Die hier zu hörende Aufnahme von Rachmaninoffs G-Moll-Sonate, die jener mit Unterstützung des eng mit ihm befreundeten Cellisten Anatolij Brandukow schrieb, dürfte eine der intensivsten dieses Gattungs-Hauptwerks sein, die man je zu Gehör bekommen hat: Wie Raymond und Li-Cohen dieses extrem von Licht und Schatten geprägte, sehr tiefgehende Werk durchgestalten, ist schlicht überwältigend. Man sollte eigentlich eine Pause machen, bevor man sich mit der den meisten Hörern sicherlich noch gänzlich unbekannten Sonate der britischen Impressionistin Rebecca Clarke befaßt (andererseits versäumt man dann, wie gut die beiden Werke zueinander passen). Clarke zählt zu den vielen hochbegabten Frauen, deren Talent in der absoluten Männerwelt ihrer Zeit unterdrückt wurde. Anerkennung für ihr kompositorisches Werk erfuhr die 1886 geborene Bratschistin erst in den 1970ern, um ihren 90. Geburtstag herum (sie starb 1979). Die 1919 entstandene Sonate für Bratsche und Klavier ist eines ihrer bedeutendsten Werke, die alternative Version für Cello stammt von ihr selbst. Warum es nicht längst die Konzertbühnen erobert hat, bleibt schleierhaft angesichts der mitreißenden Aufführung, die man hier erleben darf (immerhin von der Bratschen-Urfassung gibt es inzwischen einige Aufnahmen, aber immer noch keine auf einem Majorlabel). Dieses Album ist in jeder Beziehung eine Entdeckung, eine große kammermusikalische Sternstunde. Also: Großen Dank an Mr. Laflamme für diese Vinylausgabe! (2025)