Rezension
Zwar kam der Italiener Marco Fornaciari Kuijken zuvor mit der Idee, das vermutlich meistaufgeführte Werk der „klassischen“ Musik auf ein Instrument pro Stimme abzuspecken (fünf Streicher, ein Cembalo), aber der Belgier ging noch einen entscheidenden Schritt weiter – und verwendete anstelle eines modernen Cellos ein sogenanntes „Violoncello da Spalla“, zu deutsch „Schultercello“, ein deutlich kleineres, mithin auch heller klingendes Instrument, das heute zwar etwas kurios anmutet, aber in der vorklassischen Zeit Standard war, denn die zwischen den Knien gespielten größeren Instrumente setzten sich erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts durch. Der Effekt ist tatsächlich bemerkenswert; die Balance zwischen den Stimmen ist wesentlich natürlicher. Kuijkens „Vier Jahreszeiten“ sind dabei zwar von extremer Durchsichtigkeit – sozusagen „maximal kammermusikalisch“ – und gewiß in den ruhigen Passagen auch von unübertroffener Zartheit; das hindert ihn aber nicht daran, uns den Regen des Sommergewitters sehr eindrucksvoll ins Gesicht peitschen zu lassen. Für diese Aufnahme sollte noch Platz sein im Regal, auch wenn schon ein Dutzend drin steht… (2007/2022)