Rezension
Achtung: Groß- und Gesamtkunstwerk! Das merkt man schon, ohne eine Note gehört zu haben: Wenn man nämlich die erste Innenhülle aus dem schweren Klappcover zieht und darin keine Platte findet, sondern zwölf großformatige Fotos, auf der Rückseite einer der elf Sontexte bzw. die vollständige Besetzungsliste. Musikalisch ist “Divers” nach fünf Jahren Wartezeit der dritte sehr große Wurf in Folge: Newsom vereint Renaissance-Tänze, Kammermusik des 18. und Folk des 19. Jahrhunderts und den klassischen Laurel Canyon-Songwriterpop hier virtuoser denn je; sie spielt die Harfe wie niemand sonst – und was sie mit ihrer außergewöhnlichen Stimme anstellen kann, ist schlechterdings frappierend. Und so anspruchsvoll diese Songs sind – man darf schon von Kunstmusik sprechen –, so viel schlichte, bezaubernde Schönheit liegt darin, man entdeckt bei jedem Hören mehr davon. Die Anmerkung sei gestattet, daß der Titelsong auf der Titelmusik des (wunderschönen und ausgesprochen lyrischen) Kinder-Zeichentrickfilms “The Snowman” basiert – aber das passt erstens zur Stimmung des Albums, schmälert zweitens die beeindruckende kreative Gesamtleistung kein Stück, drittens ist’s ein Traum von einem Song. Was uneingeschränkt für das ganze Werk gilt. (2015)