Rezension
Eben erst war Rufus Wainwright mit einem seiner schönsten Alben bislang zum traditionellen Folk Song zurückgekehrt, da rief ihn auch schon wieder die Hochkultur. Ein Requiem! Dem liturgischen Text (gesungen) stellt Wainwright dabei das apokalytische Poem „Darkness“ von Lord Byron zur Seite (gesprochen von Meryl Streep), und es geht gleichermaßen um die Opfer der Pandemie wie die Klimakrise: Ein ganz schöner Brocken. Bei der Vertonung allerdings bleibt Wainwright meist sehr eng an der Tonsprache der Romantik; Verdi und Berlioz sind offensichtliche Vorbilder. Darauf muß man sich einlassen wollen, denn schließlich haben wir ja nicht mehr 1870. Melodischen Einfallsreichtum aber kann man Rufus bekanntlich nicht absprechen – und fraglos gehört er zu den wenigen Menschen, bei denen ein Hang zur Selbstüberschätzung sympathisch wirkt… Man muß eben auch diesen Klassik-Ausflug Wainwrights als großes Pop-Spektakel begreifen, Orchester hin, Sopranistin her. Dann kann man bei aller gewollten Ernsthaftigkeit an diesem Mitschnitt der Pariser Uraufführung durchaus Spaß haben. (2025)