Rezension
Die kanadische Sopranistin ist bei Händel ebenso zuhause wie bei John Zorn und vereint auch mal Haydn und Nono auf einem Album; für Experimente ist sie immer zu haben. Dieses Album ist aber auch für ihre Verhältnisse ein außergewöhnliches. Gemeinsam mit dem Avantgarde-Komponisten David Chalmin und den eng mit jenem befreundeten Labèque-Schwestern wird hier das Schaffen der ältesten bekannten Komponistin – der Äbtissin und Mystikerin Hildegard von Bingen – umkreist, mit Abstechern zu zwei spannenden Frauengestalten aus dem 17. Jahrhundert: Francesca Caccini und Barbara Strozzi. Auch Bryce Dessner, der erst unlängst ein Album mit den Labèques und Chalmin aufnahm, steuert eine Komposition bei – auf Texte der heiligen Hildegard. Die Instrumentale Seite ist hier nicht weniger wichtig als die vokale, die beiden Klaviere können gemeinsam mit Chalmins Synthesizer wahre Stürme entfachen. Doch solchen Ausbrüchen zum Trotz ist dies ein Album, auf dem die Schönheit triumphiert, und wenn Hannigans überirdische Schlußnote verklungen ist, wird mit dem Hörer etwas geschehen sein. Über zehn Jahre ist dieses Albumprojekt gewachsen, die Beteiligten sagen selbst, sie seien nicht sicher, was sie da erschaffen hätten. Ein sehr intensives Erlebnis auf jeden Fall. (2025)