Rezension
Nach Rubinstein, dem jungen Pollini oder Argerich hier noch ein echtes Statement zu setzen, ist eine fast schon unlösbare Aufgabe. Es gelang im Jahre 2013 einem kanadischen Teenager. Der war da schon kein unbekannter Name mehr, hatte er doch mit gerade 13 bereits auf einem polnischen Festival mit den beiden Klavierkonzerten Publikum und Kritiker in Begeisterung versetzt. Da das Chopin-Institut die Mitschnitte veröffentlichte, konnte man sich bald auch im Rest der Welt von Jan Lisieckis Talent überzeugen. Welches hier nur wenige Jahre später noch heller strahlt. Lisiecki vermag nicht nur seine stupende Technik mit einer erstaunlich reifen Lyrizität zu verbinden, sein Chopin ist zudem von seltener Klarheit; die Stimmführung sagenhaft deutlich: So dezidiert polyphon hat man Chopin wohl selten gehört. Man könnte meinen, das müsse dann doch sehr analytisch, kalt womöglich, klingen – doch das Gegenteil ist der Fall. Das britische Gramophone Magazine, durchaus dafür bekannt, großes Lob nicht einfach zu verschenken, charakterisierte die Aufnahme mit den Worten „played as pure music, given as naturally as breathing“. Darf man so stehen lassen. (2013/2023)