Rezension
„Tales Of America“ war das wohl am nachhaltigsten beeindruckende Singer/Songwriter-Debüt des Jahres 2019. Der gebürtige Kenianer, der erst 2013 in die USA ausgewandert war, hatte sich nicht nur die musikalische Sprache seiner Wahlheimat perfekt angeeignet, er hatte den Mythos von Freiheit und Demokratie auch scharfsichtig entlarvt. Die erzwungene Isolation in der Pandemie nutzte Ondara, um weitere Songs zu schreiben, in denen er die amerikanische Realität mit seiner glasklaren Stimme schonungslos beschreibt. Dazu benötigt er keinen Zeigefinger und keine Schuldzuweisungen – er versetzt sich nur glaubhaft in die Lage von Rezessions-Opfern, die von einem Tag auf den anderen ihre Miete nicht mehr bezahlen können und anderen „Verlierern“. Berührende, manchmal beklemmende Charakterstudien im Idiom alter Folksongs, wobei man Ondaras perfekt adaptierter Ur-Amerikana die afrikanischen Wurzeln immer wieder anhört. Das Versprechen des Debüts wird hier mehr als erfüllt: Das hier ist ganz große Songwriting-Kunst. (2020)