Rezension
Es mag wohl sein, daß das persönliche Leid eines Künstlers schon oft in Meisterwerken resultierte, doch der Umkehrschluß, daß ausgeglichene Menschen keine große Kunst schaffen könnten, ist unzulässig. Josh Rouse ist das beste Beispiel. In seiner Wahlheimat Spanien fand er sein Glück, und seither veröffentlicht er ein augezeichnetes Album nach dem anderen. Dieses hier ist vielleicht sogar das schönste von allen. So frei ist der Fluß dieser Songs, so liebevoll sind sie gestaltet – es ist eine reine Freude, ihm zuzuhören, und sie hallt lange nach. Mehr denn je zeigt Rouse sich als Meister der kleinen, feinen Melodie; die Widerhaken daran sind kaum wahrnehmbar, aber definitiv vorhanden. Man denkt oft an die unbeschwerte Ära des Brill Building-Pop (und niemand wird ernsthaft behaupten wollen, die da entstandenen Songs seien keine Kunst), das Stilspektrum ist freilich viel weiter – Rouses Popverständnis ist so tief wie umfassend. Sein Wissen setzt er aber nicht eimerweise, sondern mit dem Dosierungsgefühl eines Sternekochs ein. Musik eines glücklichen Menschen, der seine Freude teilen will. Es gelingt ihm. (2022)