Rezension
1998 – da war sie gerade 18 – bekam die junge Sopranistin bei „Jugend musiziert“ den Bundespreis in der Kategorie Alte Musik. Ihren Durchbruch auf internationalem Parkett feierte sie dann mit Mozart – und heute etabliert sie sich mehr und mehr auch als feste Größe im romantischen Kunstlied. Die letzte große Blüte dieser Gattung stellt das Liedschaffen Richard Strauss‘ dar, dem sich Karg als gebürtige Bayerin nach eigener Aussage ohnehin sehr verbunden fühlt – wovon man sich auf diesem fulminanten Album überzeugen kann. Schon die Auswahl begeistert, eine ausgewogene Mischung aus Bekanntem und kaum je Gehörtem. Ausgewogenheit ist hier überhaupt ein Stichwort: Ohne überzogenes Pathos gestaltet Karg diese Lieder, beinahe schlicht, doch mit erstaunlicher, oft berückender Wirkung. Eine zarte Süße liegt in ihrer Stimme, doch ein Hauch von Herbheit ist auch darin. Karg erweist sich außerdem als große Textgestalterin, der Inhalt ist ihr keineswegs nebensächlich: Bei jedem einzelnen Lied gewinnt man den Eindruck, daß die Künstlerin sich intensiv mit Form und Inhalt auseinandergesetzt hat – dennoch klingt das Ergebnis nicht intellektualistisch, sondern ist von natürlichem Fluß; Strauss‘ Musik strömt förmlich durch Körper und Seele. Gleich, ob das an Stille grenzende „Morgen“, ob die geradezu magischen, silbrigen „Drei Lieder der Ophelia“ (bei denen Malcolm Martineaus kongeniale Begleitung besonders angenehm auffällt; aber der Mann ist schließlich auch der einzig legitime Erbe des großen Gerald Moore) oder das so oft gehörte, hier wie neu und eher keck als kitschig klingende „Ständchen“: Dieses Album ist nicht nur einfach schön, es ist in der Lage, im Strauss-Jubiläumsjahr durchaus neue Perspektiven auf den Komponisten zu eröffnen… (2014)