Nick Cave

Idiot Prayer – Nick Cave Alone At Alexandra Palace

Label/AN:  Bad Seed Ltd., BS019LP
Format:  2 LP

 30.00 inkl. MwSt.

Verfügbar : Lieferbar innerhalb von 5-10 Werktagen, soweit verfügbar beim Lieferanten

Rezension

Daß Nick Cave eigentlich keine Band (mehr) braucht, weiß man schon länger. Die Intensität dieser Solo-Performance ist dennoch schlicht überwältigend. Cave nahm diese 22 Songs allein am Klavier im Juni 2020 auf, die Pandemie war in England auf einem Höhepunkt. Der Ort, der Alexandra Palace – eine historische Konzerthalle aus dem 19. Jahrhundert – spielt nicht nur für die Filmversion des Mitschnitts eine tragende Rolle; die Atmosphäre der menschenleeren Halle ist auch ohne Bilder spürbar und wesentlich. Das Trauer-Album “Ghosteen” nimmt eine zentrale Rolle ein, auch wenn das fast karriereumspannende Programm nur drei Songs davon enthält – doch sie sind die Außen- und der Mittelpfeiler, die Statik des gesamten Konzertes ruht auf ihnen. Einen Schwerpunkt setzt Cave – wenig überraschend, wenn man darüber nachdenkt – auf das 1997er “The Boatman’s Call”, auf dem er erstmals vor allem als Singer/Songwriter wahrgenommen wurde. Was darüber hinaus auffällt, ist, daß Cave jede Prätention (die Inszenierung war ja durchaus Teil seiner Musikerpersönlichkeit) abgelegt hat; so authentisch wie hier klang er wohl nie. Und die Reduzierung auf Klavier und Stimme wirkt nicht als solche, sondern mehr als extreme Verdichtung. Nicht ein Song (gleich, aus welcher Schaffensphase), der in dieser spartanischen Fassung nicht an Gewicht gewonnen hätte. Am offensichtlichsten vielleicht an “The Mercy Seat” nachvollziehbar, einfach aufgrund des Bekanntheitsgrades des Songs und der ja auch schon erschütternden Johnny Cash-Version. Was hier aus dem Song wird, macht sprachlos. Was im Grunde für das ganze Album gilt. Welches man trotz seiner beträchtlichen Länge von fast anderthalb Stunden vom ersten bis zum letzten Ton aufsaugt: Ein Ereignis. (2020)