Rezension
Der Grund, warum dieses Album so deutlich weniger oft wiederaufgelegt wurde (auf Vinyl seit den 1980ern nämlich gar nicht) als sein vermeintliches Schwesteralbum „Out Of The Cool“ aus dem Vorjahr ist ganz einfach: Dies ist gar kein Gil Evans-Album. Der geniale Bandleader und Arrangeur wollte damals von Impulse! Records zu Verve wechseln, schuldete seinem alten Label aber noch ein Album – und bat gute Freunde um Hilfe, die ihm dann auch prompt aus der Bredouille halfen. Seite eins übernahm Kollege John Carisi mit einer fabelhaft besetzten Big Band aus New Yorker Szene-Koryphäen, darunter Phil Woods, Bob Brookmeyer, Eddie Costa, Barry Galbraith, Art Davis und Osie Johnson; auf Seite zwei spielte eine kleinere Combo um Cecil Taylor, mit Archie Shepp, Jimmy Lyons, Henry Grimes und Sunny Murray, auf dem letzten Track kamen noch Trompeter Ted Curson und Posaunist Roswell Rudd hinzu. Daß derart besetzte Formationen keinen Mist abliefern, dürfte außer Frage stehen, und tatsächlich bieten beide Seiten jeder Beckmesserei mühelos die Stirn – bei Impulse! fragte auch niemand nach, das Album wurde anstandslos unter Evans‘ Namen veröffentlicht. Auslassen sollte man es keineswegs: Die Musik ist durchweg grandios, Evans selbst hätte es kaum besser machen können. Diese Neuausgabe ist daher mehr als überfällig. Und man kann sich ja überlegen, ob man sie dann unter C, E oder T in die Sammlung stellt (solange man sie wiederfindet). (1962/2025)