Rezension
Es kam natürlich viel zu spät, dieses Debüt. Dalton gehörte in den frühen 60ern zum Kern der New Yorker Folk-Szene, doch sie haßte das Studio, und anders als ihre damaligen Freunde Bob Dylan und Fred Neil lehnte sie Angebote von Plattenfirmen so lange ab, bis keine mehr kamen. Ihrem Fan Nik Venet, der legendäre Capitol Records-Produzent, gelang es schließlich mit einem Trick: Er lud Dalton 1969 zu einer Fred Neil-Aufnahmesession ein und bat sie dann, einen Neil-Song für sein persönliches Archiv zu singen. Als der Stein erstmal am Rollen war, wurde dann doch ein ganzes Album daraus. Ein wunderbares, das Daltons an Billie Holiday erinnernde Stimme und ihre große Picking-Kunst ungefiltert dokumentiert – doch war das Folk-Revival natürlich längst vorbei, und nur ein paar Eingeweihte kauften die Platte, die ganz ohne jede Diskussion zu den schönsten gehört, die es in diesem Genre gibt. Gemeint ist übrigens das Folk-, nicht das Singer/Songwriter-Genre: Karen Dalton war Interpretin, sie schrieb keine eigenen Songs. Aber sie erkannte, welche sich lohnten zu singen: Von Jelly Roll Morton über Leadbelly und Tim Hardin bis zu einer Soulnummer von Eddie Floyd und Booker T. Jones geht ihre Auswahl. Jede einzelne Interpretation ist ein Juwel, like pearls on a string… – Kevin Gray masterte vom Originalband, gepreßt wurde die Neuausgabe bei RTI! (1969/2024)