Rezension
Natalie Merchant kann es sich nach ihren sehr erfolgreichen Alben der 90er leisten, nur noch dann Songs zu schreiben, wenn ihr wirklich danach ist, und da sie ein Mensch mit vielen Interessen ist, können da durchaus mal einige Jahre ins Land gehen. Es war dann eine intensive Korrespondenz mit dem schottischen Poeten Robin Robertson über dessen neues Buch „The Long Take“ und das Wesen des Schreibens an sich, die sie dazu brachte, wieder eigene Texte zu schreiben (denn die sind bei ihr stets der Ausgangspunkt für Songs). Es sind überwiegend Gedichte über ein altes Thema, die Liebe nämlich, aber natürlich frei von banalen Gefühligkeiten, sondern durchzogen mit Allegorien auf klassische Mythologie oder die Bibel, Texte voller Kraft und Tiefe. Und natürlich wieder wunderbar instrumentiert mit Streichern (ein von Violinistin Megan Gould geleitetes Quartett), Bläsern (arrangiert von Jazz-Posaunist Steve Davis) und großartigen Musikern wie dem syrischen Klarinettisten Kinan Azmeh sowie der kompletten Celtic Folk-Band Lúnasa. Und daß die Texte bei Merchant zwar an erster Stelle stehen, hindert Merchant nicht daran, wundervolle Melodien für sie zu finden. Das ist hinreichend bekannt, wird hier aber wieder einmal sehr eindrücklich bestätigt. (2023)